Die Abstimmung mit den Füßen — Ich war dabei!

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Buchcover: Die Revolution nach Feierabend 1989/90
Über das Buch

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Vieles geht 32 Jahre nach unserer friedlichen Revolution unserm Gedächtnis und Andenken verloren, wenn es nicht schriftlich festgehalten wird.

Nie hätte ich zu hoffen gewagt, dass ich es nach 40 Jahren SED-Herrschaft noch erleben darf, noch einmal politische Freiheit zu genießen. Ich dachte eindeutig, unsere Machthaber, die verfetteten „Söhne der Arbeiterklasse“ würden uns eher verhungern lassen, als von ihrer Macht auch nur ein winziges Stück abzulassen. Gut, wir hatten viel Glück mit der Abfolge der Ereignisse: -Das Schaufenster nach dem Westen (Fernsehen, Intershops, Besuchsreisen) ließen so manchen die Faust in der Tasche ballen, -Gorbatschows Perestroika und Glasnost, -Polens Solidarnosc, die Dank des Papstes am Leben blieb, -Ungarns Grenzöffnung nach Österreich. -Das zu lange Dulden der führenden Genossen unter Honeckers seniler Fuchtel mit anschließender Uneinigkeit.

Wie gesagt, Glück gehabt. Nun will ich aber nicht behaupten, dass wir heute den Himmel auf Erden haben.

Aber bei all den Einschränkungen, die wir nach der Wende wahrnahmen, bin ich stolz, dass ich als jemand, der sich nicht für sehr mutig oder gar heldenhaft hält, im richtigen Augenblick die Angst hinter sich ließ und als winziges Rädchen der friedlichen Revolution dienen durfte.

ISBN: 978-3-96229-328-4

Die Inhaltsbeschreibung in einem Satz zusammengefasst:
Die Abstimmung mit den Füßen — Ich war dabei!

Über die Autorin oder den Autor

Über die Autorin / den Autor

Dr. Hans Erich Müller, Chirurg im Ruhestand

Als die DDR gegründet wurde, war ich vier Jahre alt. Ich habe die gesamte „sozialistische Erziehung“ in Schule, Uni und Beruf(Chirurg) ertragen müssen mit all der Arroganz der Macht und der Besserwis-serei der SED. Meine Eltern steuerten konsequent dagegen, so dass ich in der Schule eine andere Sprache benutzte als zu Hause. Ohne eine gewisse Anpassungsfähigkeit wären Oberschule und Studium nicht möglich gewesen. Aber durch meine konsequente, aktive Mitgliedschaft in der evangelischen Kirche wurde ich nie gefragt, ob ich in die Partei eintreten wollte. Als nach Macht-übernahme von Gorbatschow mein Vater sagte: „Der wird noch die DDR an den Westen verkaufen“, hielt ich ihn für übergeschnappt. Doch als es tatsächlich zu friedlichem Massenwiderstand gegen das Regime kam, fiel die Angst von mir ab und ich brachte mich in unsere friedliche Revolution voll ein. Wir wussten alle nicht, auf welchem Vulkan wir tanzten. Aber wir haben Glück gehabt. Dabei ging es mir nicht so sehr um den westlichen Wohlstand, sondern um die Freiheit von Wort und Reise. Die meisten DDR-Bürger glaubten, mit der D-Mark den Himmel auf Erden bekommen zu haben. Die Ernüchterung kam schnell. Ich genieße die errungene Freiheit, aber mir ist klar, dass der Kapitalismus uns gnadenlos an den Baum fährt, wenn wir ihn lassen. Es bleibt weiter spannend.